Spanische Maronen
 

Bei den alten Griechen waren sie fester Bestandteil der Ernährung, und die Römer verwendeten sie häufig für die Herstellung von Mehl. Ober Jahrhunderte hinweg waren Esskastanien das Hauptnahrungsmittel der Bauern, und heute sind sie in der Haute Cuisine als außergewöhnlich nahrhafte, natürliche Zutat geschätzt. Wenn der Winter mit seinen kalten Tagen kommt, gehören die Buden mit heißen Maronen nach wie vor zum Straßenbild der Städte. Egal, ob man sie frisch, gekocht, geröstet oder in Sirup eingemacht verzehrt, sind Maronen immer eine schmackhafte und gesunde Abwechslung und erinnern zudem an tief verwurzelte Traditionen und Feiern im Familienkreis.

HEISSE MARONEN FUR DAS KALTE RUSSLAND

Neben Japan hat das galicische Unternehmen Marron Glace noch einen weiteren großen Kunden, ein riesiges Land, das aber normalerweise in den Statistiken über Maronenimporteure nicht auftaucht. Als José Posada beschloss, in den russischen Markt einzusteigen, war er sich sehr wohl bewusst, dass er dort Neuland betrat und von ganz unten anfangen musste. Vorurteile oder vorgefasste Meinungen lief) er nicht gelten; er hatte einfach das Gefühl, dass Maronen gut zum kalten Russland passten, und so startete er dort eine Werbekampagne für seine Produkte. Im April 2003 lud Marron Glace Journalisten, Gastronomen, Önologen, Einkaufsleiter und andere ausgewählte Gäste zu einer Produktpräsentation ins Hotel Marriot Aurora in Moskau ein. Im Anschluss daran gab die Firma Werbereportagen und Anzeigen in Gastronomie- und Weinmagazinen in Auftrag, veranstaltete Verkostungen in Supermärkten, nahm an Fachmessen teil, beteiligte sich an Gastronomieseminaren und organisierte Kochstunden mit berühmten Köchen. Man besuchte selbst die abgelegensten Winkel der immensen Russischen Föderation und entdeckte dabei zum Beispiel, dass Barnaul in der Republik Altai, die an Mongolien und Kasachstan grenzt, ein Ort mit Luxustourismus ist und dass man dort Maronenpüree für die Restaurants der zahlreichen Hotels braucht, in denen millionenschwere japanische und US-amerikanische Touristen Urlaub machen.
Jüngst hat die Firma eine neue Marke registriert, „Castanero”, die für ein neues Geschäftsfeld steht: Verkaufsstände für heiße Maronen in verschiedenen Straßen und Parks in Moskau, wo José Posada junior die meiste Zeit des Jahres verbringt. Bislang ist es dem Unternehmen gelungen, Russland zum zweitwichtigsten Zielland für seine Exporte zu machen, aber die Arbeit und vor allem die Reisen gehen weiter, weil man wachsen will. Einen Leitsatz hat man dabei klar vor Augen: Niemand wird wirklich hinter deinem Produkt stehen, wenn du ihm nicht gute Argumente und Mittel an die Hand gibst, um es zu verkaufen.

Es heißt, die Kastanie sei ein edler, sehr langlebiger und an Frachten besonders gebefreudiger Baum. Normalerweise wächst er nicht von allein und verlangt eine gewisse Pflege, aber er ist ausgesprochen gut für den Boden, auf dem er steht, und lässt in seiner Umgebung ein vielfaltiges Ökosystem entstehen. Außerdem liefert er Holz und tragt Früchte. Im Allgemeinen haben die Kastanien, die zur Holzgewinnung dienen, einen hohen, geraden Stamm, während die Bäume, deren Maronen man erntet, niedriger sind und buschigere Kronen haben. Es dauert Jahre, bis sie die ersten Früchte tragen, aber wenn sie erst einmal ausgewachsen sind, können sie Jahrhunderte, ja selbst Jahrtausende alt werden. Im Sommer sieht es so aus, als ob sich alle ihre Äste gelb färben würden, denn dann blühen die männlichen ährenförmigen Blüten. Wenn es auf den Herbst zugeht, bilden sich die stacheligen, kugeligen Schalen (Fruchtbecher) der Kastanien heraus, die eigentlich die weiblichen Blüten sind. Diese fallen dann im Oktober und November vom Baum.
Die Maronenernte ist harte Arbeit. Man sammelt sie vom Boden auf und entfernt die eventuell noch vorhandene stachelige Schale. In Spanien gibt es vielerorts noch Feste, die mit der Maronenernte im Herbst zu tun haben. Die Provinzen Lugo und Ourense in Galicien sowie das Gebiet Bierzo in der Region León begehen jedes Jahr am 11. November das Magosto-Fest, bei dem es Tradition ist, in den Bergen am Lagerfeuer geröstete Kastanien zu essen. Ähnliche Feste feiert man zum Beispiel auch in einigen Gegenden Andalusiens oder Kataloniens, wo sie castañadas genannt werden.
In der Sierra de Aracena (Aracena Gebirge) in der südspanischen Provinz Huelva gibt es noch die so genannten apañadoras. “Diese apañaoras, wie man hier sagt”, - das d wird im andalusischen Akzent verschluckt - "sind Frauen, die in Vierergruppen die Wälder durchkämmen und Esskastanien sammeln, um sie dann nach Gewicht an die Genossenschaften zu verkaufen”, erklärt Janet Murrey, die zusammen mit Alastair Brown das Unternehmen Sierra Rica fur Ökologische Produkte gegründet hat.
Am anderen Ende Spaniens, nämlich in Galicien, besitzt José Posada die Firma Marron Glace, die verarbeitete Produkte herstellt. “Hier kennt man uns schon”, sagt er und bezieht sich dabei auf die Umgebung des Klosters Santo Estevo in der Provinz Ourense, die zu den größten Maronenproduktionsgebieten Spaniens gehört. “Deshalb bekommen wir die Kastanien direkt in die Fabrik gebracht; die meisten Kastanienbäume hier in der Gegend sind herrenlos und ihre Früchte gehören dem, der sie aufsammelt”, fügt Posada hinzu. Wenn die Kastanienbäume auf Privatgrundstücken stehen, stellen die Besitzer oftmals Tagelöhner fur die Maronenernte ein. Wie dem auch sei - mit der Ernte von Hand beginnt der Herstellungsprozess eines Erzeugnisses, das häufig mit der kalten Jahreszeit in Verbindung gebracht wird und gegenwärtig in der Haute Cuisine sehr geschätzt ist.

Maronen aus Galicien: die Herkunft adelt

Castanea sativa ist der wissenschaftliche Name der europäischen Sorte, die aus Asien stammen soll. Diese Edelkastanie, auch als Esskastanie, Essbare Kastanie, Echte Kastanie, Zahme Kastanie, Cheste, Keschte, Köschte, Marone oder Marrone bezeichnet, unterscheidet sich von der chinesischen, der japanischen und der amerikanischen. Unterhalb dieser allgemeinen Einteilung gibt es in jedem Land zahlreiche autochthone Sorten, deren Früchte vor allem in Geschmack, Größe und Konsistenz variieren.
Oft nennt man Esskastanien Maronen oder Maroni, wenn in den beiden Hälften des Fruchtbechers nur eine einzige Nuss enthalten ist. Gewöhnlich sind diese groß und schmecken süß. So unterscheiden die Franzosen zwischen den marrons und den châtaignes, wie sie die kleineren Kastanien nennen, deren Schale aufgeplatzt ist oder die sich beim Wachsen in mehrere Nüsse gespalten haben. Die Briten hingegen sprechen von Spanish chestnuts, was vermutlich daran liegt, dass sie die Maronen hauptsächlich aus Spanien importieren. In Spanien schätzt man besonders die galicische Marone, weil sie einen guten Geschmack hat, nicht mehlig und leicht zu schalen ist. Sie hat so großen Anklang gefunden, dass die galicischen Maronenerzeuger beschlossen haben, für ihr Produkt ein spezielles Gutesiegel einzuführen, das die Produktionsbedingungen und eine adäquate Verarbeitung der Maronen garantiert. Das Siegel trägt gleichzeitig dazu bei, den Anbau attraktiver zu machen. Der Antrag auf Zuerkennung einer geschützten geografischen Angabe (g.g.A.) wurde bereits vom Ministerium für Landwirtschaft, Fischerei und Ernährung bearbeitet und muss nur noch von den zuständigen europäischen Behörden genehmigt werden. Sobald dieses Verfahren abgeschlossen ist (voraussichtlich im Jahr 2007), werden die Fruchte der europäischen Edelkastanie, die in einer beliebigen Gemeinde der autonomen Region Galicien geerntet, weiterverarbeitet und abgepackt wurden, an der g.g.A. “Castañas de Galicia” zu erkennen sein.


In Galicien existieren 81 einheimische Zuchtkastanienarten. Die Maronen werden größtenteils für die Vermarktung als Frischerzeugnis, aber auch fur die Herstellung von Cremes und Mehl produziert. Hierzu gehören Sorten wie Amarelante, Blanca, Loura, Luguesa, Negral, Verde, Rapada, Raigona oder Presa, und in der Industrie, die mit geschälten Maronen arbeitet, sind die Sorten Famosa, Garrida, Inxerta, Ventura, Longal und Parede am meisten gefragt. Ganz allgemein zeichnen sie sich dadurch aus, dass sie eine hellbraune, glänzende Schale haben, die Haut zwischen der Frucht und der Außenschale recht dünn und leicht zu entfernen ist, dass sie nicht mehlig sind und süß schmecken.
Maronen sind ein verderbliches Lebensmittel, dessen Eigenschaften sich in kurzer Zeit verändern können, weshalb sichergestellt werden muss, dass die Esskastanien spätestens 48 Stunden, nachdem sie vom Baum gefallen sind, gesammelt werden und der Transport zum Lager nicht mehr als zwei Tage nach der Ernte erfolgt. Aus diesem Grund hat man es für angebracht gehalten, mit der g.g.A. nicht nur eine Gewahrleistung für das Produktionsgebiet zu geben, sondern auch dafür, dass die Kastanien noch im selben Gebiet verarbeitet und verpackt werden.
Neben frischen Maronen wird die geschützte geografische Angabe auch gefrorene, getrocknete und eingemachte Maronen sowie Maronenmehl umfassen. Im Falle anderer verarbeiteter Produkte kann auf dem Etikett angegeben werden, dass sie aus Maronen der g.g.A. “Castaña de Galicia” gewonnen wurden, was vorher jedoch überprüft worden sein muss.

 


Ein Naturerzeugnis für die natürliche Ernährung

Die Esskastanie ist ein schmackhaftes Lebensmittel mit hohem Nährwert, das zum größten Teil aus Wasser und Kohlehydraten besteht. Mit ihrem geringen Kaloriengehalt ähneln die Esskastanien mehr dem Getreide als den Nüssen, der Gattung, der sie eigentlich angehören. Sie enthalten außerdem Vitamin C und Mineralstoffe, deren konkrete Zusammensetzung von dem Boden abhängt, auf dem der Baum wachst. Die Volkerstamme der vorrömischen Zeit nannten die Kastanie Brotbaum, denn er lieferte ihnen die Esskastanien, die sie frisch oder getrocknet - und zur Verlängerung der Haltbarkeit zu Mehl gemahlen - verzehrten. Generell hielt sich auf dem Land der Brauch, mit Kastanien zu kochen, insbesondere in Zeiten der Knappheit. So waren Esskastanien in Europa seit dem Mittelalter und bis weit in das 20. Jahrhundert hinein das einzige Nahrungsmittel ganzer ländlicher Gemeinden, zumindest während eines großen Teils des Jahres.
Doch im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert ging die mit Kastanienbäumen bewachsene Fläche drastisch zurück. José Posada Enriquez, Sohn von José Posada, führt dafür mehrere Gründe an: “Erstens die Schädlinge und Krankheiten des Baums, wie der Kastanienrindenkrebs oder die Tintenkrankheit; zweitens die Tatsache, dass die Edelkastanien verdrängt wurden von leicht anzubauenden Gewächsen aus Amerika, die ab ihrer Einführung im 16. Jahrhundert sehr beliebt wurden, wie beispielsweise Kartoffeln; drittens die Anpflanzung von schnell wachsenden Bäumen wie dem aus Australien stammenden Eukalyptus; viertens die Waldbrände, und schließlich die Bevölkerungsabwanderung aus dem ländlichen Raum. Das sind Faktoren, die dazu beigetragen haben, dass Esskastanien allmählich aus der Alltagskost verschwunden sind.” Trotzdem werden sie selbst in Ländern, wo Kastanienbäume praktisch ausgestorben sind, weiterhin gegessen.
In der Gegenwart wird der Anbau von Kastanien in Spanien gefördert, und es gibt zahlreiche Initiativen, in deren Rahmen unter anderem über die besonderen Merkmale der Maronen als Lebensmittel aufgeklärt wird: “Der Impuls dafür ist teilweise dem Erfolg zu verdanken, den im Moment traditionelle Erzeugnisse mit Mehrwert haben”, meint José Posada junior. “Die Gebiete, in denen der Anbau wieder zunimmt, sind im Wesentlichen Galicien, El Bierzo in León, die Sierra de Aracena in Huelva, die Serrania de Ronda in Malaga und einige Gegenden in La Rioja und Asturien”, berichtet er.
Hilfreich ist dabei, dass Maronen genau in das Konzept des Bioprodukts passen. Al¬lein der natürliche Anbau, das Sammeln von Hand und die fast handwerkliche Weiterverarbeitung sind in den meisten Fallen schon eine gute Ursprungsgarantie. Ein Unternehmen wie Sierra Rica, hinter dessen Geschäftsmodell genau dieser Gedanke steht, würde sonst auch keine Erzeugnisse aus Maronen verkaufen. “Um die ökologischen Zertifizierungen für unsere Erzeugnisse zu bekommen, beispielsweise das Siegel des National Organic Program in den USA, müssen wir garantieren können, dass uns alle Lieferanten Produkte verkaufen, deren Rohmaterial keinerlei Zusatzstoffe enthält”, erläutert Janet Murrey. Obwohl die Firma Sierra Rica ihre Fabrik in der Sierra de Aracena bei Huelva hat, wo es reichlich Kastanienbäume gibt, kauft sie die Maronen lieber bei Arotz, einem Unternehmen in Ourense, ein: “Die lassen sich namlich leichter schalen”, sagt Janet Murrey rechtfertigend mit ihrem schottischen Akzent. Für die Verarbeitung wird stets Rohrzucker verwendet, “deswegen sind unsere Produkte farblich nicht immer gleich, sondern manchmal etwas dunkler”. Das Unternehmen exportiert 99% seiner gesamten Produktion, und zwar vornehmlich nach Großbritannien und in die Vereinigten Staaten, aber auch nach Japan, in die Niederlande, nach Deutschland, in die Schweiz und andere Länder.

Eine sorgfältig zubereitete Delikatesse

Aus Maronen kann man süße Cremes, Pürees, Suppen und Kuchen zubereiten und auch eine besonders geschätzte Süßigkeit, Marron Glacé, deren Herstellungsprozess in jeder Phase größte Sorgfalt verlangt. Die Verwandlung der ursprünglichen Frucht in diese in aller Welt bekannte glasierte Kugel beginnt mit der Auswahl der schönsten Maronen nach der Ernte. José Posada beschreibt jeden einzelnen Schritt, während er uns durch seine Fabrik fuhrt: “Als Erstes muss man die Maronen in Wasser einweichen, um den Gerbstoffgehalt zu verringern.” Der in manchen Früchten enthaltene Gerbstoff ist adstringierend und bewirkt einen bitteren Geschmack. Er wird zuweilen zum Gerben von Leder oder als Zutat für medizinische Präparate verwendet. Wenn der überschlüssige Gerbstoff der Membrane entzogen ist, muss man die Maronen trocknen; „dazu verteilen wir sie in einer Art Becken, das wir jedes Mal extra in der Fabrik aufbauen, und bewegen sie zum Belüften mit einer Schaufel, bevor wir mit der Schalphase beginnen”, erläutert der Sohn des Besitzers.
Urn die Maronen leichter schalen zu können, “machen wir mit einem Schneidegerät, das kleine, Rasierklingen ähnelnde Klingen hat, vorsichtig einen halben Millimeter tiefe Schnitte in die Rinde. Danach behandeln wir sie mit Dampf, damit die Schalen weicher werden, und schließlich werden sie mit Maschinen, die wie menschliche Finger arbeiten, geschält. Eine solche Maschine entfernt ungefähr 50% der Schale, aber was übrig bleibt, muss man von Hand beseitigen, um sicherzugehen, dass keine Schalenreste bleiben”.
Sobald die Maronen geschält und sortiert sind, kommen sie in Kisten mit Waben, die sie vor Stößen und Bruch schützen, und werden in weichem Wasser unter Temperatur- und Druckkontrolle gekocht. “Von hier werden sie in die Kanadierkörbe eingefüllt”, erklärt man uns. Es sind doppelwandige Stahlbehälter, in denen die Maronen mehrere Tage lang in Sirup liegen. “Dabei vollzieht sich die so genannte Osmose.” In diesem Teil des Prozesses saugt sich die Marone mit dem süßen Geschmack des Sirups voll, der meist mit anderen Aromen wie Vanille kombiniert wird. Wenn der Kandiervorgang abgeschlossen ist, lässt man das Produkt drei oder vier Tage ruhen, bevor man es glasiert.
Das Glasieren erfolgt in zwei Schritten innerhalb von anderthalb Minuten. Erst bekommen die Maronen ein leichtes Glasierbad und dann bei einer Temperatur von 180 °C ein dickeres, um die Marrons Glacés mit der typischen dünnen, knusprigen Zuckerschicht zu aberziehen. Nun ist der Leckerbissen fertig für das Abpacken und den Verkauf in den besten Feinkostgeschäften der Welt.
Marron Glace produziert jährlich 800 Tonnen, und etwas mehr als die Hälfte - 55% - geht ins Ausland. “Allerdings ist ein weiterer Anteil für Zwischenhändler in Spanien bestimmt, die die Ware ebenfalls exportieren, sodass die aus Spanien ausgeführte Menge je nach Erntejahr zwischen 40 und 70% schwankt”, erzählt José Posada junior. Von den genannten 800 Tonnen entfallen 100 auf Marrons Glacés.

In den verschiedensten Küchen beliebt

Der erste Vorläufer dieser delikaten Süßigkeit waren wohl mit Honig kandierte Maronen, die schon bei den alten Griechen zu den gewohnten Speisen gehörten. Unter der Herrschaft von Ludwig XIV. kamen die Marrons Glacés am Hof von Versailles sehr in Mode, und seither gelten sie an vielen Orten der Welt als köstliche Nascherei für anspruchsvolle Gaumen. Japan ist zurzeit einer der größten Verbraucher von Marrons Glacés und hat fast den Stand von Frankreich erreicht”, informiert uns José Posada.
Obwohl Frankreich nach wie vor ein großer Maronenkonsument ist und fast 40% der spanischen Exporte dorthin gehen, tauchen neben diesem klassischen Markt neue Kunden auf. “Maronen erfreuen sich in Japan sehr großer Beliebtheit”, fügt er hinzu. Und in der Tat ist dieses Land neben China der weltweit größte Importeur dieses Produkts. Bei Sierra Rica richtet man sich in der Produktion sogar nach ganz spezifischen Wünschen der Japaner: “Wir haben gerade eine Bestellung für ein neues Produkt hereinbekommen”, sagt Janet Murrey, “und zwar ein dickliches, süßes Püree, das genau den dortigen Geschmack trifft.”
Die Marone bietet unzählige Zubereitungsmöglichkeiten. Am häufigsten werden sie in der kalten Jahreszeit gegessen, denn gerade in den Städten Europas ist es im Herbst und Winter Brauch, auf den Straßen in Buden geröstete Maronen zu verkaufen. Selbst in den Vereinigten Staaten, wo die einheimischen Kastanienbäume infolge des Kastanienrindenkrebses praktisch verschwunden sind, dürfen Maronen bei Festessen im Herbst nicht fehlen. Das nordamerikanische Land ist der viertgrößte Importeur der Welt und, wie Murrey sagt, “obwohl Maronen ein Saison¬erzeugnis sind, steigt der Konsum tendenziell an, was vor allem damit zu tun hat, dass sie als gesund angesehen werden”. Auch in Großbritannien werden Maronen für Füllungen, Suppen, Nachspeisen und vieles mehr verwendet. Das Londoner Restaurant Moro bereitet eine Suppe aus chorizo (eine Art Paprikawurst) und Maronen zu: “Sie ist einer der Dauerbrenner im Moro. Aber wir nehmen Maronen auch für einige andere Gerichte. Zum Beispiel servieren wir geschmorten Kohl, panceta (Bauchspeck) und Maronen oft zu Schweinebraten aus dem Holzkohleofen. Ein wahrer Schmaus im Winter! Wir backen auch einen Kuchen aus Schokolade, Maronen und Mandeln”, teilt man uns aus London mit. Beliefert wird das Moro von Sierra Rica.

Auch die spanischen Koche schätzen Esskastanien und verwenden sie in ihren Rezepten. "Esskastanien sind nahrhaft, weil sie viel Starke und Zucker enthalten, und früher waren sie sogar die Ernährungsgrundlage in allen Regionen, in denen sie reichlich vorkamen”, sagt Konditormeister Paco Torreblanca von der Konditorei Totel in Alicante. “Zu unseren Backwaren gehören Panettone mit Marron Glace, mont blanc (Kuchen aus Maronenpüree mit Vanille, gekrönt von geschlagener Sahne), kandierte Maronen oder auch Schokolade-Vanille-Kuchen mit Maronen.” Andere Köche wie die Galicierin Toni Vicente oder Torso Pérez (siehe S. 90) vom Restaurant Atrio in Caceres, Region Extremadura, ha-ben Jahr für Jahr Maronen auf der Speisekarte.
Sowohl Marron Glace in Ourense als auch Sierra Rica in Huelva bieten eine breite Palette von Produkten aus Maronen, die zum Teil direkt für den Verzehr gedacht sind,
zum Teil Zutaten für aufwendigere Rezepte sind. Bei Marron Glace feilt man das Rezept für Marron Glace ständig weiter aus und verkauft neuerdings auch mit Schokolade überzogene oder in Brandy eingelegte Maronen. Zum Sortiment gehören außerdem zur Weiterverarbeitung in der eigenen Kiiche vorbereitete Maronen: eingemacht, vorgekocht oder in Sirup. Und natürlich wäre der Warenkatalog nicht komplett ohne die Kastaniencremes, eine sage mit Vanillearoma und eine salzige. Auch in der Sierra-Rica-Fabrik in Huelva werden die Varianten vorgekocht, in Sirup, mit Brandy und Creme hergestellt, aber dieses Angebot wird noch um Suppen erganzt, bei denen die Süße der Kastanie mit Ingwer und Möhre oder Tomate und pimenton (eine Art Gewürzpaprika) geschmacklich kombiniert wird. “Vorläufig produzieren wir keine Marrons Glacés”, sagt Murrey, “denn der Herstellungsprozess ist sehr heikel, obwohl wir im Grunde genommen das Produkt schon zu 80% haben, weil wir ja Maronen in Sirup zubereiten. Uns fehlt nur noch das Glasieren.” Der Kastanienbaum hat schlechte Zeiten durchgernacht, aber dank Köstlichkeiten wie den Marrons Glacés und seiner tiefen geschichtlichen Verwurzelung sind seine Früchte, die Maronen, heute noch in den Kuchen der fünf Kontinente vertreten.


Isabel Escauriaza ist Journalistin und arbeitet mit dem Herausgeberteam von Spain Gourmetour zusammen.
"SPAIN GOURMETOUR" - ICEX - SEPTEMBER-DEZEMBER 2006
(ICEX, Instituto español para el comercio exterior). http://www.spaingourmetour.com
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www.marronglace.net:
Homepage des Unternehmens Marron Glace mit Sitz in San Cibrao das Vinhas (Ourense, Galicien). Hier gibt es ausführliche Informationen Ober seine Produkte, insbesondere Marron Glace, sowie neueste Meldungen und Rezepte. Geboten werden außerdem eine umfangreiche Dokumentation Ober Maronen, ihre Bedeutung aus der Sicht des Umweltschutzes, Einzelheiten aus ihrer Geschichte und Nährwertenformationen.
(Spanisch, Englisch, Russisch, Japanisch)